Samstag, 11. Juli 2020

Märchen 63 der schreckliche Gegner
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Der schreckliche Gegner

Schnell ging er nun um die Ecke. Sicher! Oder? Er hörte noch immer die Schritte, die ihm gefolgt waren. Eigentlich nicht erst in den letzten Minuten. Schon seit Wochen und Monaten.
Er hatte jahrelang trainiert und sich auf so einen Fall vorbereitet. Aber dadurch war sein Gefühl nur verstärkt worden.
Er spitzte die Ohren, alles war still, er ging weiter. Wieder hörte er die Schritte. Männerschritte. Er würde ihn jetzt stellen, dazu zwingen, zu sagen, was das alles sollte, am Ende Kampf. Er versteckte sich hinter einem Mauervorsprung und wartete. Die Sekunden erschienen ihm wie Minuten, Stunden.
Jetzt sprang er hervor, vor ihm war der Gegner. Beide schienen sie zum Kampf bereit. Der andere machte einen schnellen Schritt nach vorne links, aber unser Held reagierte im gleichen Moment. Wie bei einem Schachspiel, die bessere Position, bringt entscheidende Vorteile. Das Gewicht genau über dem Körperschwerpunkt bei geraden Schlägen, beim Nahkampf lieber auf dem ersten Fuß.
Sein Gegner war größer als er, hatte längere Arme, deshalb musste er versuchen, näher an ihn heranzukommen. Beide reagierten auf das kleinste Zucken des Oberkörpers, der Schultern. Die Augen waren starr, das Gesicht ausdruckslos, nur absolute Konzentration. Wer würde wann und wie angreifen? Jeder Muskelfaser gespannt, sich umdrehen und weglaufen waren jetzt für keinen mehr möglich.
Er wusste, dass er mit einem schnellen Duck an ihn herankommen konnte, wenn der andere schlug. War es nur ein Täuschungsmanöver, und würde er sich ducken, hätte der andere die Möglichkeit einen entscheidenden Tritt mit dem Fuß anzubringen.
Und dann ging es blitzschnell, der andere war anscheinend ein Anfänger, ohne Vorarbeit mit der linken Vorhand, seine rechte Schulter zuckte, das hätte ein riesiger Schlag werden sollen. Er lehnte sich leicht nach vorn, dem Schlag entgegen, legte den Kopf zehn Zentimeter nach links, hob kurz den linken Fuß, nur fünf Zentimeter und kam so dem anderen fast vierzig Zentimeter näher. Das genügte, um zuerst einen Linkshaken in die unterste Rippe anzubringen, worauf der andere vor Schmerz die Arme ein bisschen senkte und sein Gesicht ganz offen lag.
Beim Linkshacken war natürlich diese Schulter ein bisschen nach vorne und die andere nach hinten gewandert, so dass er in einem sechzig Grad Winkel zum Gegner stand. Wie ein Schmiedehammer schnellte nun seine rechte Faust in Richtung des freiliegenden Gesichts des anderen. Alles lief so rasch ab, dass seine eigenen Augen nicht fähig waren, dem Geschehen zu folgen. Er war schneller als sein eigener Schatten gewesen. Wie beim Training! Jede einzelne Bewegung war in ihm drin, er hatte nicht einmal darüber nachdenken müssen.
Klirr! Der Spiegel ihm gegenüber zersplitterte in tausend Teile. Ein Glücksgefühl erfüllte ihn. Er hatte sich selbst besiegt!



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