Freitag, 10. Juli 2020

Märchen 58 der moderne Physiker in der Welt des Aristoteles
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Der moderne Physiker in der Welt des Aristoteles

Er hatte gerade die letzten Vorträge für das Semester gehalten und bereitete sich auf eine Reise aufs Land vor. Mit seinen Studenten war er nicht immer zufrieden, weil er das Gefühl hatte, dass sie nicht verstehen, was er ihnen erklärt. „Wenn man die Welt um sich herum verstehen will, gibt es keine andere Möglichkeit, als die Gesetzte der Natur zu erlernen. Diese sind auf grundsätzliche Erkenntnisse aufgebaut und lassen sich durch die Geschehnisse in der Natur beweisen,“ dachte er bei sich.
Er setzte sich in den Zug, stieg an der kleinsten Haltestelle aus und fühlte sich erst wirklich wohl, als er auch diese letzten Häuser verlassen hatte. Mit dem Wanderstock ausgerüstet genoss er die Freiheit der frischen Luft. Da kam ihm aus der Ferne ein Landwirt auf einer Karre entgegen. Dieser zog ein intelligentes Gesicht, mit dem Verstand eines Naturburschen, der mit beiden Füßen fest auf dem Boden stand und sich seiner Umgebung aufs Genaueste bewusst schien. Als dieser an ihm vorüberfuhr, grüßten sie sich, wobei der Bauer nicht aufpasste und eines der Räder der Karre auf einen größeren Grenzstein auflief. Das ganze Gefährt hob sich einseitig, wodurch der Kutscher aus seinem Bock gehoben wurde und vor den Füßen des Physikers landete. „Kruzitürken!“ entwich es ihm. „Ich bin gefallen!“ Der Physiker hatte das Gefühl, dass er den Menschen über seinen naturwissenschaftlichen Irrtum aufklären müsse und begann: „Nein, mein Herr! Die Mutter Erde hat sie angezogen.“ – „Was?“ – „Ja, ja, mein Herr! Wenn es diese Anziehungskraft zwischen ihnen und dem Planeten Erde nicht gäbe, wären Sie nach oben geflogen.“ Jetzt schaute ihn der Landbewohner ein bisschen unglaubwürdig an. „Und ihre Mütze“ dabei hob er diese auf und gab sie dem Kutscher, „Ihre Mütze berührte den Boden zur gleichen Zeit, wie Sie!“ – „Sagen Sie mir mal, Sie Schlauberger! Hat die Erde auch solche Schmerzen, wie ich, wenn sie mit mir zusammenstößt?“ Der Wissenschaftler war ein Mensch ohne Humor und verstand die Frage nicht. Nach dieser Lektion über die geheimnisvollen Zusammenhänge der Natur und ihren Gesetzen wollte der Bauer wieder auf seinen Wagen steigen, musste aber feststellen, dass die Achse gebrochen war. „Das Ding fährt nicht mehr!“ entfuhr es ihm in seiner Wut. „Das ist nicht ganz richtig!“ begann der Gelehrte. „Der Wagen ist in einer ständigen Bewegung, nur zur Beschleunigung oder Richtungsänderung ist eine Kraft nötig.“ Jetzt verlor der Bauer seine letzte Geduld, spannte das Pferd aus und setzte sich darauf. „Sagen sie mir doch bitte, wo es hier eine Herberge zum Mittagessen gibt!“ „Ein paar Kilometer weiter, im Dorf. Aber wenn Sie sich auf den Wagen setzen, fährt er vielleicht von selbst dorthin!“ und mit einem lauten Lachen ritt er davon.



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