Märchen 82 der alte
Affe erzählt 7
Learn languages (via Skype): Rainer: + 36 20 549 52 97 or + 36 20 334
79 74
|
------------------------------
|
Der alte Affe erzählt 7
Wenn der Tod so schön wäre,
möchte einer gar nicht leben, sondern nach der Geburt sofort sterben.
Verschiedene Affenkulturen erzählen sogar, dass einer mit dem Tod auch die
Erinnerung verliert. Aber als mich eines der Mädchen, das mein Erwachen
bemerkt hatte und zu mir gekommen war, etwas fragte, verstand ich kein Wort
und antwortete in einer der Sprachen, die ich bisher gelernt hatte. Es ist
wohl zu viel verlangt, zu erwarten, dass ein Affe andere Sprachen spricht,
wenn er sein Wohngebiet nie verlassen hat. Und so betrachtete sie mich nur
lieblich mit ihren schönen Augen. Wieder eine Sprachlehrerin? Auf der einen
Seite haben diese von der Außenwelt abgeschlossenen Paradiese ihren Charme,
der in ihrer Einfachheit besteht. Aber auf der anderen Seite können sie genau
deswegen auch sehr einseitig und beschränkt sein.
Der Instinkt ist dumm und
sieht nur den Augenblick. Und so ist es die Minne, die Schwierigkeiten
beginnen später.
In einfachen oder
anfänglichen Gesellschaften sieht der Affe in allen Kindern den Fortbestand
und die ganze Gemeinschaft nimmt an ihrer Erziehung teil. Dort, wo eigenes
Eigentum entsteht, versucht der Vater, soviel wie möglich für das seine zu
sichern. Wenn entwickelte Gesellschaften klug sind, greifen sie auf den
anfänglichen Grundsatz zurück. Aber keines hat Platz für Individualismus,
weil jener die Verknüpfungen innerhalb der Gemeinschaft zu sehr lockern
würde. Verrückte sind ungefährlich und erfreuen durch ihre Lächerlichkeit.
Durchdachte Eigentümlichkeit erschüttert die Ordnung in ihren Grundlagen.
Fremde Bausteine müssen erst auf ihre Eigenschaften geprüft werden.
Aber diese Augen hatten alle
Grundsätze vergessen, nur der Drang nach Erfüllung der Sehnsucht spiegelte
sich darin wieder. Der Trieb kennt keine Vernunft. Ob sie meine Gedanken
lesen konnte, bezweifle ich, sie merkte nur, dass hier etwas in meinem Kopf
arbeitete und dieser musste zuerst überwältigt werden, wenn der ganze Leib zu
seinem Genuss geführt werden sollte. Wie einfach die Welt doch ist!
Zunächst führte sie mich zu
einem Platz mit gedeckten kleinen Tischen. Alle möglichen Feinheiten, die man
sich nur vorstellen konnte. Später erfuhr ich, dass Männchen und ältere
Weibchen, die hilfreichen Engel waren. Nachdem ich genug gespeist hatte,
zeigte sie mir eine Ruhestelle und ich schlief an ihrem Busen ein. Als ich
wieder aufwachte, lag sie dicht angeschmiegt neben mir und spielte mit meinem
Glied, das natürlich eine gewisse Bewegung zeigte. Sie bot sich mir an und
ich ließ mich nicht zweimal bitten.
Überallhin folgte sie mir,
immer bereit zur Vereinigung. Sie trank mich aus, oder presste mich aus, wie
eine Zitrone. Nach einer Zeit flüchtete ich manchmal vor ihr auf einen Baum
oder versteckte mich, aber sie fand mich trotzdem. Doch eines Morgens war sie
dann plötzlich verschwunden. Ich suchte nach ihr, konnte sie aber nirgends
entdecken. Stattdessen liefen mir jetzt alle anderen Affenmädchen hinterher.
Nach ein paar Tagen ließ ich mich erobern. Obwohl ich mich an den gedeckten
Tischen labte und gut tat, sah ich bald wie ein Schatten oder Gespenst aus.
Der Zuchthengst hätte eine Ruhe gebraucht. Aber das war eine kleine Insel und
ich konnte nicht sicher sein, dass sich im Wasser keine Krokodile oder
Piranhas befänden. Also wartete ich auf den Augenblick, wenn zweimal täglich
die Engel mit dem Essen kommen würden. Sie erreichten die Insel mit kleinen
Booten. Als ich mich dort niedersetzte, ließen die Mädchen mich in Ruhe.
Anscheinend hatten sie meine Absicht verstanden.
Die Boote kamen an, ich half
ihnen, die Speisen auf den Tischen zu verteilen und stieg ein. Jetzt fand
sich auch endlich ein älteres Weibchen, das mir die ganze Sache erklärte.
„Alle Männchen, die auf die Insel kommen, müssen die willigen Mädchen
befriedigen und wenn einer keine Kraft mehr hat, wartet er auf die Boote. Die
Mädchen tun das gleiche, wenn sie merken, dass sie schwanger sind.
Geschlechtsverkehr gibt es nur auf der glückseligen Insel, so weiß jeder und
jede, woran sie sind. Und die Nachkommenschaft ist gesichert. Allen ist klar,
wer die Mutter, aber niemand weiß ganz genau, wer der Vater sein könnte. Die
Bewohner des umliegenden Landes versorgen die Insel mit allem Nötigen, damit
die dortigen sich nur mit der Minne beschäftigen müssen.“
Ich verbrachte noch eine
Zeit in dieser Zauberhaften Welt, einmal bei der Arbeit, dann wieder auf der
Insel, bis mich ein älterer Affe ansprach. „Du hast viel für uns getan, hast
bei der Arbeit geholfen, aber vor allem hast du uns neues Blut gebracht. Aber
irgendetwas bedrückt dich?“ Es war ein alter, kluger Affe. „Du hast Recht.
Euer Paradies ist ein Wunder, doch zieht es mich wieder fort.“ – „Ich weiß.
Ich war wie du, bin lange gewandert, und am Ende wiedergekommen. Solltest du
irgendwann das Gefühl haben, in der Einfachheit des Glückes leben zu können,
dann komm zurück, wir werden dich willkommen heißen.“ Ich umarmte den Alten,
bedankte mich, ging ein paar Schritte und war im dichten Regenwald
verschwunden. „Wer hatte wohl wem mehr gegeben?“
Alle diese Erlebnisse hatten
mich tief geprägt, oder besser, hatten in mir ein großes Durcheinander an
Tatsachen, Wissen, Wünschen, Träumen und Vorstellungen hinterlassen. Ich
verlangte nach Ruhe und Verarbeitung. Deshalb war ich gar nicht traurig, als
sich nach der Überwindung der nächsten Gipfel ein liebliches, kleines,
einsames Bergtal vor meinen Augen öffnete. Bäume, viele Lichtungen, ein
kleiner Fluss und anscheinend ganz unberührt. Hatte sich noch nie ein Affe
hierher verirrt? In zwei Tagen hatte ich es ganz durchstreift, kannte jeden
Winkel, jeden Früchtestrauch. Ein umgestürzter Baum über dem Fluss, den ich
mit Fallholz und Steinen beschwerte bildete bald einen Damm, ein kleinerer
See entstand, in dem ich fischte. Langsam wurde ich ruhig, wie das Tal. Meine
Gedanken begannen, sich zu ordnen, oder besser, wie ich zu dem Erlebten stand.
Ich wollte herausfinden, wer ich wirklich war. Hatte auf jeden jedes
Geschehen den gleichen Einfluss? Warum rufen Dinge trotzdem unterschiedliche
Wirkungen beim Einzelnen hervor?
|
-----------------------------------------------
|
--------------------------------------------------
|
-------------------------------------------------
|
---------------------------------------------------
|
|
Montag, 17. August 2020
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen