Märchen 80 der alte Affe erzählt 5 
Learn languages (via Skype): Rainer: + 36 20 549 52 97 or + 36 20 334
  79 74  
 | 
 
------------------------------ 
 | 
 
Der alte Affe erzählt 5 
Andere Täler, andere
  Sprachen und natürlich andere Verhaltensweisen. Ein paar Beispiele sollen
  dies demonstrieren. Einer rief mir etwas zu und bewegte dabei die Hand seines
  ausgestreckten Armes nach unten. Ich hätte mir nicht träumen lassen, was er
  von mir wollte, also ging ich auf ihn zu. Erst später sollte sich
  herausstellen, dass die Handbewegung die Aufforderung zum Heranrufen eines
  anderen diente. In anderen Tälern bewegte man dazu entweder den ganzen Arm
  oder nur die Hand ein bisschen kreisförmig nach oben und zu sich hin. In
  einigen Gegenden hielten sich nur verliebte Affen an den Händen, in anderen
  auch Familienmitglieder oder gar Freunde. In dritten wiederum lief das
  weiblich Tier immer hinter dem männlichen. Die Kultur oder Gegend oder Grad
  der Beziehung bestimmte dann die Entfernung. „Haha!“ – lachte die Enkelin.
  „Wenn die männlichen etwas wollen, laufen sie uns hinterher“, - und dann in
  einem traurigeren Ton, - „später aber müssen wir ihnen folgen.“ – Jetzt
  erhellte sich ihr Gesicht wieder – „Gibt es nicht einen Ort, an dem sie immer
  nebeneinander laufen?“ 
Bei den Bergaffen, da ………….
  „Aber warte einmal!“ – brach es aus der Enkelin heraus, „den schönsten Teil
  nach dem Regen hast du noch nicht erzählt!“ Einen Augenblick stutzte er.
  Wieder etwas, was er nicht erklären wollte oder konnte. Die wenigsten
  Geschehnisse gehen in einer Katastrophe oder im ewigen Glück zu Ende. Die
  meisten Sachen verlaufen im Sand, werden einfach langsam vergessen, als ob
  sie nie passiert wären. Es wird nur dann etwas wirklich Großes daraus, wenn
  sich irgendjemand besonders daran erinnert, es ihn tiefer berührt oder
  getroffen hat. Vor allem, wenn Leute oder Orte ihn umgeben, die mit den
  Geschehnissen in Verbindung stehen. Beim alten Affen war das anders. Es
  berührten ihn nur Dinge, die er im Kopf behalten wollte. Alles andere ging
  verloren oder geriet in Vergessenheit, weil er sich immer allein von einem
  Ort zum anderen begab. Sehr oft wechselte er dabei noch seine Persönlichkeit.
  Am gleichen Ort mit den gleichen Personen zu verweilen, bedeutet eine
  Beständigkeit, aber auch in eine gewisse Rolle hineingezwängt zu werden, obwohl
  man sich verändert, aber Bewegung in der Umgebung meist langsamer vor sich
  geht. Der alte Affe hatte sich damals ausprobieren oder vielleicht finden wollen.
  Manchmal spielte er die Rolle des Anhänglichen, des Gefühlvollen, des
  Unabhängigen und so weiter. Die Umgebung bot ihm verschiedene Möglichkeiten
  und er wählte sich aus, was er gerade wollte. 
Die Enkelin sah ihn an und
  merkte, dass seine Gedanken irgendwo weit entfernt weilten. Aber sie wagte
  nicht, ihn zu stören, wartete geduldig, bis er zurückkommen würde.
  Währenddessen spielten sich auch in ihrem Kopf verschiedene Szenen ab. Da war
  zum Beispiel das eine Nachbarpärchen. Das männliche Tier war ein Fremdling,
  aber solange die Umgebung das Gefühl hatte, dass sie glücklich sind, wurde er
  toleriert. Oder ein hübsches Weibchen, das sich nicht einem steinreichen,
  sondern einem bananenreichen Affen hingegeben hatte. Es gab viel Geschwätz
  und Neid. Doch können wir es jemandem verübeln, wenn er oder sie Sicherheit
  sucht? Was tun wir nicht alles für ein wenig Sicherheitsgefühl? 
Der alte Affe dachte darüber
  nach, wie sehr man einander nicht versteht, obwohl jeder die gleichen Wörter
  benutzt. Solange nur Körpersprache funktioniert sind beide Seiten wesentlich
  aufmerksamer, drücken sich eindeutiger aus, weil sie ja nicht missverstanden
  werden wollen. Mit der Sprache kommen dann die Kleinigkeiten, das Spiel
  beginnt. 
Die letzten Bäume und
  Sträucher waren verschwunden, nur hier und da ein wenig Moos, natürlich keine
  Affenseele weit und breit, der ideale Ort für einen Einsiedler. Nach dem
  Gipfel hätte ich eigentlich wieder ein Tal erwartet, aber was ich sah, waren
  noch höhere Gipfel. Es wurde immer kälter, die Luft klarer, am Ende
  schneebedeckte Wolkenkratzer. Klettern auf einen Baum ist nicht unbedingt das
  gleiche, wie auf einen Berghang, die Beine werden stärker in Anspruch
  genommen. Langsam begann auch der Hunger und Durst, mich zu plagen. Irgendwo
  hörte ich Steine, die aufeinanderschlugen. Die Klänge waren zu regelmäßig, um
  natürlich zu sein. Und um den nächsten Berghang herum, dort flackerte etwas. 
Ein Feuer! Aber kein Affe in
  der Nähe! Hm! Jetzt kam einer. Da war eine Höhle. Nach kurzer Überlegung ging
  ich zu ihm hinunter. Als er mich erblickte, hob er ganz kurz sein Haupt und
  arbeitete dann weiter. Er schmiedete gerade ein Messer. Ich setzte mich neben
  das Feuer, um mich ein wenig aufzuwärmen und wartete. „Woher kommst du?“ –
  fragte er. Ich war erfreut, weil mir diese Sprache bekannt war und
  antwortete. Er nahm mich ein bisschen genauer unter die Lupe, wahrscheinlich
  wegen meiner Aussprache. „Du bist viel gewandert.“ – „Ich habe einige Täler
  besucht und dort eine gewisse Zeit verbracht.“ – „Warum hast du deine Heimat
  verlassen?“ – „Keine Ahnung, aber……..“ – „Hast du etwas ausgefressen?“ –
  „Nein, ich hatte keine Lust, das Geschwätz des alten Unterrichters
  anzuhören.“ – „Und da dachtest du, dass du das Leben selbst ausprobieren
  musst!“ – „Vielleicht ist das so.“ 
Als die Sonne hinter den
  Bergkuppen verschwinden wollte, fanden sich noch andere im Lager ein. „Hat
  der ‘was angestellt?“ – sagte einer. „Frag ihn doch selbst?“ – erwiderte ein
  anderer. „Hey, du! Was hat dich denn hierhergetrieben?“ Ich überlegte, ob
  man/Affe etwas verbrechen muss, um aus den Fesseln der Gesellschaft
  auszubrechen. Ein Affe, wahrscheinlich der Anführer, setzte sich mir
  gegenüber und forderte mich auf, meine Geschichte zu erzählen. Es wurde
  ruhig, alle waren neugierig. Als ich geendet hatte, sah ich die Enttäuschung
  auf den Gesichtern. „Das ist doch eine Jungfrau.“ – brach es aus einem
  heraus. Viele lachten. „Du wanderst also nur so herum.“ – Der Anführer prüfte
  mich mit seinen Augen. „Ein seltsamer Vogel! Weißt du, wer wir sind?“ Ich
  ahnte es, wusste aber nichts Genaueres, schüttelte also den Kopf. „Wir sind
  Ausgestoßene! Die Gesellschaft denkt, dass wir für die Ordnung gefährlich
  sind. Sie wollen uns nicht haben, deshalb haben wir hier in den Bergen unsere
  eigene Gemeinschaft aufgebaut.“ 
 | 
 
----------------------------------------------- 
 | 
 
-------------------------------------------------- 
 | 
 
------------------------------------------------- 
 | 
 
--------------------------------------------------- 
 | 
 
| 
 | 
 
Montag, 17. August 2020
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen