Montag, 17. August 2020

Märchen 79 der alte Affe erzählt 4
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Der alte Affe erzählt 4

Diese Art von Sticheleien fand aber nicht nur in der Familie des Stiefvaters statt. In der der Mutter hatte es fünf Töchter gegeben, die ständig wegen der geringsten Kleinigkeit miteinander stritten. Ein Beispiel soll auch diese schöne Gesellschaft illustrieren. Der alte Affe war zu dieser Zeit vielleicht gerade ins Unterrichtsalter gekommen. Er fragte eine seiner Tanten, warum sie ihr Leben dem Bananengott gewidmet hatte. Sie erklärte ihm, dass der Tod ihres Vaters sie sehr tief getroffen und dies ihr Leben völlig verändert habe. Auf dem Weg nach Hause wollte er dies mit seiner Mutter besprechen, worauf sie ihm nur die herabwürdigende Bemerkung zuschickte: „Ach was! Die hat ein großer Affe verlassen. Glaub der kein Wort!“
Dieser Gedankengang spielte sich in ein paar Sekunden ab, wie er ihm schon tausend Mal durch den Kopf gegangen war. Deshalb merkte die Enkelin auch nicht, dass sie hier einen wunden Punkt getroffen hatte. War es wirklich so schmerzlich? Wahrscheinlich nicht. Er hatte gelernt, damit zu leben, aber hätte es nicht erklären können. Man/Affe muss nicht immer alles deutlich definieren können, um weiterhin einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Er fuhr fort mit dem nächsten Tal.
Also, Ich verabschiedete mich von meinen überraschten, oder besser enttäuschten Kumpaninnen und Kumpanen und begab mich in gerader Linie in Richtung entgegengesetzte Bergkette. Ausgestattet mit aller seelischen Unterstützung, die eigentlich aus einer Art Schadenfreude bestand, weil sich an der Nase dieser Neider, die ihr Tal noch nie verlassen hatten, genau gezeigt hatte, dass der eine oder andere doch gern mitgekommen wäre. „Du fliehst bloß vor etwas!“ – klang es noch immer in meinen Ohren. Sie hatten diese Sprüche wahrscheinlich nur von ihren Eltern gehört, die Angst hatten, dass ihre lieben Kinder vielleicht Flügel bekommen. Selbst hätte ihnen so etwas nicht einfallen können, da sie ja vom Leben noch keine Ahnung hatten.
Was würde mich wohl diesmal erwarten? Natürlich eine riesige, große Wiese. So sah es wenigsten von oben aus. Man hätte darauf spazieren gehen können. Ich wusste aber aus Erfahrung ………… Hm! Erfahrung? Ja, es war außer meinem Heimattal schon das dritte. Und ich wusste aus Erfahrung, dass dieser grüne Teppich ein Regenwald ohne Ende bedeutete. Freudig stieg ich auf den ersten größeren Baum, der sich mir anbot, schwang mich dann von einem zum anderen, schlug ein paar Saltos und erfreute mich des Lebens. Zu übermütig erwiesen sich meine Übungen, weil der eine Ast plötzlich brach. Aber von vier oder fünf Metern herunterzufallen, bedeutet für uns Affen keine große Gefahr. Wie eine Katze landen wir immer auf den Füßen. Der Aufprall auf dem Grund erwies sich als überraschend weich. Das war keine feste Erde, sondern Sumpf. Durch die Wucht war ich bis zur Hüfte eingesunken. Schnell suchte ich einen festen Halt. Es gab nur Büsche und Sträucher. Sie verhinderten zunächst mein weiteres Einsinken. Langsam und vorsichtig zog ich mich zu einem Baum. Doch, wie sah ich jetzt aus! Wie ein Wildschwein, das sich im Dreck gewälzt hatte. So konnte ich keinem schönen Affenmädchen unter die Augen treten. Ein schöner Affe muss nicht unbedingt nach Banane oder Kokosnuss riechen, aber darf auch nicht gerade von Kopf bis Fuß mit Dreck bedeckt sein. Also weiter von Baum zu Baum, bis zu einem Bach, Fluss oder See. Doch hier war alles Sumpf.
Lange dauerte es, bis ich ein einigermaßen reines Wasser fand. Ich sprang hinein und fühlte sofort, wie sich der schon festgetrocknete Dreck und Schlamm aus meinem Fellkleid löste. Was für eine Erfrischung! Doch sollte ich mich nicht lange dieser Wohltat erfreuen. Neben mir schlug es wie ein Blitz ein. Eine lange Lanze hatte ein Krokodil getroffen, das mich eben hatte anknabbern wollen. Aber bevor ich mich vergewissern wollte, wer mir da gerade mein Leben geschenkt hatte, war ich mit einem Satz aus dem Wasser und auf einen Baum geklettert.
Dann sah ich mich um. Das saß ein hübsches Affenmädchen auf einem Ast schräg über mir und kugelte sich fast vor Lachen. Im sich beruhigenden Wasserspiegel besah ich mich von Kopf bis Fuß, um herauszufinden, was wohl so witzig an mir sei. Es musste mein Zustand sein und vielleicht der Schrecken in meinem Gesicht. Weiblichen Tieren gefallen nicht immer diese Superaffen. Neben so einem Fehlerlosen fühlen sie sich oft überflüssig. Tja, wer benötigt nicht manchmal das Gefühl, gebraucht zu werden? Oder sie hatte mir einen Dienst erwiesen, ich stand in ihrer Schuld und war ihr verpflichtet. Und es gibt Augenblicke, in denen beide Parteien diese Situation als Gelegenheit am Schopfe packen, um sich näherzukommen. Ich stieg also langsam zu ihr hinauf und setzte mich ihr gegenüber. Aber in die Augen wollte sie mir nicht sehen.
Ich sagte ihr etwas, sie antwortete, aber wir verstanden uns nicht. Schon wieder eine andere Sprache. „Sprichst du Deutsch?“ – keine Antwort, „Do you speak Englisch?“ – nur ein Augenzwinkern, „Est-ce que tu parles français?“ – auch darauf keine Antwort. „Na, Spanisch oder Russisch muss ich erst noch lernen!“ Eine neue Lehrerin hatte ich jetzt noch dazu. Gemäßigten Schrittes begaben wir uns auf den Weg zu ihrem Dorf. Sie war gerade auf der Jagd gewesen, deshalb war die Entfernung ziemlich groß.
Wie bekannt mögen Affen den Regen nicht unbedingt. Doch gibt es auch hier Gelegenheiten, bei denen das Nass von oben seinen Charme haben kann. Als es nun anfing, zu regnen, nahm ich ein sehr großes Blatt eines Baumes und hielt es über mich, wie einen Regenschirm, und bot ihr einen Platz darunter neben mir an. Zuerst zierte sie sich ein bisschen, aber schmiegte sich dann doch ganz eng an mich. „Es lebe der Regen.“ Er war gerade zum richtigen Augenblick gekommen.


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