Montag, 28. Dezember 2020

 

Märchen 96 Kindererziehung

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Kindererziehung

 

Mit gutem Beispiel vorangehen! Auf dem Platz vor einer Kirche am Sonntag warten einige gutangezogene Leute mit ihren Kindern auf den Beginn der Messe. Eine Mutter hatte gerade ihr Baby aus dem Kinderwagen genommen und versuchte, es in ihren wiegenden Armen zu beruhigen. Die vierjährige Tochter schob nun das leere Gefährt vor sich her, in Richtung Vater. Dieser bemerkte die Herankommende, nahm sein großes Halstuch und imitierte einen Stierkämpfer. Mit Freuden spielten sie einige Runden. Die Mutter rief den Vater, er schaute zu ihr hin und der leichte Kinderwagen fuhr in ihn hinein. Das Mädchen und der Vater lachten. Der dreijährige Sohn hatte die Szene beobachtet und wollte teilnehmen, deshalb fuhr er mit seinem Laufrad bei voller Geschwindigkeit in das Mädchen hinein und lachte.

 

Der Vater sitzt mit einer wohlverdienten Flasche Bier vor dem Fernseher, um das Fußballspiel anzusehen, die Mutter bügelt das letzte Hemd, bevor sie sich zu ihm setzt. Manchmal murmelt der Vater etwas über das Spiel in seinen nichtvorhandenen Bart, aber sonst lässt sich außer dem leise gestellten Fernseher nichts hören. Die Kinder sind bereits im Bett. Die Mutter: „Unsere Kinder schlafen, wie die Engel!“ Wenn die Kinder so weitermachen, werden sie genauso inaktiv, wie ihr engelhafter Vater.

 

Ein kleines Kind im Kinderwagen schreit. Das ist seine Ausdrucksform. Es hat irgendetwas gesehen und will es haben. Wenn die Eltern es ihm nicht geben wollen, sagen sie: „Es ist ein bisschen quengelig, es ist bestimmt müde!“ Sie bringen es zu Bett. Schlafen wird hier zu einer Strafe, obwohl es doch eigentlich eine Freude sein sollte, sich erholen zu können.

 

Er war einmal ein ziemlich guter Sportler, der verschiedene, kleinere Wettbewerbe gewonnen hatte. Aber als er den Sprung zum Berufssportler nicht schaffte, hörte er mit dem Training auf und wurde selbst Trainer. Heute steht er, wie auch sein alter Trainer, mit dickem Bauch am Rand und schreit den Kindern zu, was sie machen sollen. Die Kinder könnten denken: „Werden wir auch einmal so aussehen, wenn wir so weitertrainieren?“

 

Ein Kind fragt seinen Vater: „Papi! Warum regnet es?“ – „Mein lieber Sohn! Wie lang ist die längste Leiter in Großvaters Obstgarten?“ – „Ungefähr zehn Mal so hoch wie ich.“ – „Und wie hoch ist der Himmel?“ – „Vielleicht hundert Mal.“ – „Nein, tausend Mal!“ – „Oh, so hoch ist der Himmel!“ – „Siehst du! Und deshalb müssen die Regentropfen herunterspringen, wenn sie auf den Boden kommen wollen.“ – „Papi! Stört es dich, wenn ich soviel frage?“ – „Nein, mein Sohn! Du sollst doch etwas lernen! Und wenn du fleißig lernst, wirst du so klug wie ich.“

 

Ein Kind kaut Fingernägel. Wenn es klein ist, stört es das nicht, aber wenn es mit dreizehn oder vierzehn anfängt, sich für Mädchen zu interessieren, kaut es seine Nägel nur, wenn es allein ist. Ein Erwachsener schlägt dem Jugendlichen vor, sich vorzustellen, dass ihn immer jemand beobachtet. Zuerst bastelt der junge Mensch ein paar Kamera-Attrappen aus Papier und stellt sie in seinem Zimmer auf, um sich an den Gedanken zu gewöhnen. Und nach kurzer Zeit wachsen seine Fingernägel, so dass er sie schneiden muss. Aber die Kameras hat er jetzt im Kopf und fühlt sich überall beobachtet.

 

 

Fahr mit Märchen 97 fort!

 

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