Donnerstag, 13. Mai 2021

 

Märchen  106 Die schöne Frau und der kleine Hund

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Die schöne Frau und der kleine Hund

 

In alten französischen Filmen erscheint oft eine hübsche Frau, natürlich nicht so leicht bedeckt wie heute, sondern in einem teuren, bis zum Boden reichenden Kleid in leuchtenden Farben mit Rüschen, Maschen und anderen Falten, einem großen Hut mit Federn oder Blumen bestückt. Die Szene beginnt meist in der Garderobe der Frau. Ein Gentleman in elegantem Anzug sitzt in einem bequemen Sessel und bespricht mit der hinter einem Paravan sitzenden Frau die letzte oder nächste Opernaufführung, oder besser, welche Besucher besonders spektakulär waren, oder welche Konkubine (Weltdame, eigentlich eine ausgehaltene Frau) gerade von welchem reichen, jungen Aristokraten ausgehalten wurde. Bei jedem Einfädeln der Schnur in das Korsett und dem Zusammenziehen durch eine Kammerdienerin bleibt der Schönen einen Moment lang die Luft weg, wodurch auch der Gentleman zu Wort kommt. Währenddessen schminkt sie ihr Gesicht, wenn sie nicht zufällig auch dafür noch eine Kammerdienerin hat. Ein Bild aus dem Rokoko: „Die Toilette der Venus“. Am Ende der Prozedur setzt sie noch ihren großen Hut auf, unter dem ihr Kopf zu verschwinden scheint, der Sonnenschirm wird ihr gereicht und natürlich, wie hätte ich das fast vergessen können, der Hund.

Ein blutrünstiges Tier in Schoßhundgröße. Ein blaues Schleifchen in seinem Kopfhaarschopf zeigt an, dass es sich hier um ein Männchen handelt, ein rosarotes ein Weibchen. Dieser unangenehme Geselle bellt nicht, er kläfft mit einer ziemlich hohen, schneidenden Stimme und macht sich dadurch aufmerksam und Platz. Sein Name ist, wie könnte es anders sein, natürlich „Fou-Fou“ (Verückt-Verückt). Und dieser Giftzwerg hat noch eine andere Funktion, er ist eifersüchtig und reagiert äußerst aggressiv auf alles, was einem erwachsenen Mann gleicht. Wenn also eine Frau jetzt einen kennenlernen will, gibt sie ihren Aufpasser an eine Kammerdienerin oder Freundin weiter.

Er wird gebadet und gepudert, geht zum Friseur, für ihn wird gekocht und er wird gepflegt, wenn er krank ist. Wie gut, dass er nicht sprechen kann. Was würde er wohl erzählen? Vielleicht viel Blödsinn oder viel Interessantes?

Die Zeiten und Kleider haben sich geändert, aber der Schoßhund ist der gleiche geblieben.

 

 

Fahr mit Märchen 107 fort!

 

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