Mittwoch, 9. Juni 2021

 

Märchen 108 möglicherweise eine wahre Geschichte

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möglicherweise eine wahre Geschichte (in Erinnerung an die Ereignisse bei den Protesten auf dem Tiananmen Platz vom 15. April bis 4. Juni 1989)

 

Der alte Affe saß vor seiner Höhle. Es war ein sehr heißer Tag, deshalb badete er seine Füße in der Quelle unter einem großen Baum. Er lebte dort allein und nur sehr wenige Affen aus den umliegenden Tälern besuchten ihn, weil er von ihnen als Ausgestoßener galt.

Einer dieser Besucher war eine Äffin. Vor vielen Jahren hatte der Alte ihr aus dem reißenden Wasser des Flusses geholfen. Er hatte ihr gesagt, sie solle niemandem von dem Ereignis erzählen, weil er die Ehrung dieser undankbaren Affen nicht wollte. Von Zeit zu Zeit besuchte die Äffin den Alten in seiner Höhle und dann unterhielten sie sich und er gab ihr Ratschläge. In der Gesellschaft hat man mehr Schwierigkeiten als allein in einer Höhle.

So kam sie eines Tages wieder, aber diesmal war sie sehr aufgeregt und traurig. Sie erzählte ihm von ihrem Sohn, der sich einer Rebellengruppe gegen den König anschließen wollte.

Er hatte ihr nie von seiner Vergangenheit erzählt und aus Zurückhaltung hatte sie ihn nie danach gefragt.

Doch jetzt fühlte er, dass die Zeit gekommen war, ihr seine Lebensgeschichte zu erzählen.

Vor vielen Jahren, als er noch sehr jung war, war er ein sehr talentierter Wissenschaftler gewesen, viele sagten ihm eine glänzende Zukunft voraus, seine Familie hatte ausgezeichnete Beziehung zum König und seinem System, er hatte eine Geliebte, die er heiraten wollte und viele Affen nannten sich gerne sein Freund. Doch dann geriet er in Zusammenstoß mit dem König. Er wurde von allen ermahnt, sich einzugliedern und nicht sich aufzulehnen. Aber er wusste, dass er Recht hatte und setzte seinen Widerstand fort. Der König wollte ihn ins Gefängnis stecken, aber er zog es vor zu fliehen und begann allein in den Bergen zu leben. Später erfuhr er, dass seine Geliebte einen anderen Mann aus dem Kreis des Königs gefunden hatte und dass seine Freunde alle gut dran waren, dem System zu dienen und ihn als etwas dumm bezeichneten.

Für den König war jedoch nicht mehr alles vollkommen, denn nun hatte er Angst vor seinen Untertanen und viele hatten das Vertrauen in das System verloren.

Dies war der Großvater des heutigen Königs und nun kam diese Äffin, um ihm zu sagen, dass ihr Sohn sich einer Widerstandsgruppe gegen den König, den Enkel, anschließen wollte. Was sollte er ihr sagen? Sollte er sie überzeugen, ihrem Sohn zu sagen, dass er sich eingliedern und nicht widerstehen soll? Vielleicht könnte er sich eingliedern und sein Leben ohne Rückgrat fortsetzen. Es gibt so viele Fußlecker und Handlanger, einer mehr oder weniger spielt keine Rolle.

Er schwieg lange, während die Äffin vor ihm über das Schicksal ihres Sohnes weinte.

„Wenn dein Sohn wirklich gegen den König rebelliert, wird er alles verlieren, seine Familie, Freunde, Freundin. Allerdings kann man nichts Besseres tun, als stolz auf ihn zu sein. Zu deinen Lebzeiten wird er als Gesetzloser angesehen, als Ausgestoßener, als dummer wie ich, aber einige Jahrhunderte in der Zukunft, nach seinem Tod, wird er als Held betrachtet.“

 

 

Fahr mit Märchen 109 fort!

 

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